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St. Marien

Aus der Festschrift zum 125jährigen Bestehen von St. Marien 1983

Dr.-Ing. Arnold Wolff
Dombaumeister in Köln
Die Bedeutung von St. Marien als Kunstwerk und Denkmal

Die St. Marienkirche steht genau zwischen alter und neuer Bebauung und wird in Zukunft den Übergang zum noch relativ intakten Altstadtkern markieren. Der Anblick vom Neubaugebiet her ist ausgesprochen reizvoll, denn die Kirche wird vom reichgegliederten Chor her erblickt und steigert sich zum maßstäblich sehr ausgewogenen Turm mit seinem charakteristischen, unverwechselbaren Steinhelm, während der zurückhaltend gestaltete Erweiterungsbau der dreißiger Jahre bescheiden im Hintergrund zurückbleibt. Zu erwähnen ist noch der intime kleine Platz vor der Turmfront der Kirche mit seinem Baumbestand und seiner zurückhaltenden Randbebauung, der den wohltuenden Gesamteindruck sinnvoll abrundet.

Darüber hinaus stellt die St. Marien-Kirche unabhängig von ihrer städtebaulichen Einbindung ein wertvolles Bau- und Kulturdenkmal dar. Der Stil zeigt die Neugotik auf ihrer romantischen Frühstufe, also noch vor der doktrinären, auf Bauschulen erlernbaren Phase. Dem entspricht die Materialwahl, die an das Erscheinungsbild ruinöser Rheinburgen anknüpft, wie auch die bewusst rustikale Gestaltung der Untergeschosse, gegen die sich die nach oben von Geschoß zu Geschoß reichere Auflösung wirkungsvoll abhebt. Gewisse Unbeholfenheiten im Entwurf wie im technischen Steinschnitt gehen ebenfalls auf den noch unbekümmerten, fast naiven Umgang mit dem gotischen Formenangebot zurück.
Ungewöhnlich und originell ist die Versetzung des Achtecks gegenüber dem darunterliegenden Geschoß, dessen Mittelstrebe zwanglos in die Eckstrebe des Achtecks übergeht. Die Anbindung an das Langhaus ist als echte Durchdringung gearbeitet, geschickt überdeckt mit dem aus dem Seitenschiffgiebel herauswachsenden Treppenturm. Hieraus ergibt sich die im Sinne der damaligen Kunst-Theorie dringend erwünschte »malerische Gesamtwirkung« von Kirche und Turm, die trotz der geringen Abmessungen und der bescheidenen Gliederungselemente voll erreicht wird.


Ludger Hegemann: 125 Jahre St. Marien

Aus Anlaß des Erweiterungsbaues unserer St. Marienkirche im Jahre 1938 verfaßte das Kirchenvorstands-Mitglied, Herr Studienrat Fritz Kiesgen, eine Festschrift nach authentischen Berichten, die wir in gekürzten Auszügen zur Einleitung diesen Ausführungen zugrunde gelegt haben.
Mehr als 1000 Jahre sind vergangen, seitdem das Christentum in Velbert Wurzeln gefaßt hat.
Angelsächsische Benediktinermönche aus England begannen gegen Ende des siebten Jahrhunderts den Nordwesten unseres Landes für das Christentum zu gewinnen. Im Jahre 690 landete der hl. Willibrord mit elf priesterlichen Gefährten im Mündungsgebiet des Rheins, um den Friesen die Frohbotschaft Christi zu verkünden.
Zwei andere “Apostel” waren Zeitgenossen Willibrords und gleichfalls Missionare der Friesen: “Suitbert”, der Apostel des Bergischen Landes und “Bonifatius”, der Apostel Deutschlands.

Der hl. Suitbert
Suitbert war ein Schüler und einer der ersten Mitarbeiter des hl. Willibrords. Als Missionar wirkte Suitbert im Lande der Brukterer, zu beiden Ufern der Emscher. Zu einem erfolgreichen Wirken bedurfte er einer Pflanzstätte für seine Missionare und fand Stützpunkte für seine Missionstätigkeit im Ruhrgebiet und dem benachbarten Bergischen Lande. Er bekam eine Rheininsel bei Düsseldorf geschenkt, das spätere Kaiserswerth. Hier gründete Suitbert im Jahre 710 ein Kloster. Von hier aus unternahm er, unermüdlich in seinem Eifer, seine Missionsreisen ins Bergische Land. Immer wieder zog er von dort auf der heute noch nachweisbaren sogenannten »Heiden- oder »Heiligen Straße« über Heiligenhaus, Velbert, bis ins Tal der Wupper.
In einer Waldschlucht bei Velbert, »am Hilligenloch«, unweit des heutigen Westbahnhofes, wo bis vor 40 Jahren ein gleichnamiger Kotten diesen Namen der Nachwelt überlieferte, pflegte Suitbert regelmäßig Rast und Halt zu machen. Hier senkte der erste Apostel des Bergischen Landes durch seine Predigten den Keim des Christentums in die Herzen der damaligen Bewohner der hiesigen Gegend, unserer Vorfahren. Suitbert starb im Jahre 713. Seine Gebeine ruhen noch heute in einem kostbaren Schrein in der Basilika von Kaiserswerth.
Von Kaiserswerth aus kam die christliche Lehre zu unseren Ahnen ins Bergische Land. Auch das Gebiet an der unteren Ruhr wurde sehr wahrscheinlich von Kaiserswerth betreut. Denn von hier aus erhielt das Christentum in hiesiger Gegend um die Wende des achten Jahrhunderts Antrieb und nachhaltige Förderung durch die Gründung des Klosters Werden, der später so berühmten Benediktinerabtei. Ihr Gründer war der edle Friese Ludger, »der Apostel der Friesen und Sachsen, der erste Bischof von Münster«.

Der hl. Ludger
Als Spross eines angesehenen, reichbegüterten Adelsgeschlechtes erblickte er etwa um das Jahr 744 in ZuyIen an der Vecht, unweit von Utrecht, das Licht der Welt. Ludger selbst erwähnt einmal in einer seiner historischen Schriften, er habe den Nachfolger des hl. Willibrords, den greisen, an Tugenden und Verdiensten reichen Erzbischof und Märtyrer Bonifatius, noch mit eigenen Augen gesehen, ein Greis, von der Fülle der Jahre gebeugt und von der Last des Lebens. Ludger mag beim Tode des Bonifatius etwa ein 9jähriger Knabe gewesen sein.
In Köln empfing er im Jahre 777 die Priesterweihe. Sieben Jahre lang wirkte er in Friesland an der Bekehrung seiner heidnischen Landsleute. Nachdem er neun Jahre in der Benediktinerabtei auf dem Monte Cassino in Italien gelebt hatte, erbaute er im Südergo (Südergau) »an einem Orte, der Mimigardefort genannt wird«, ein »Monasterium«, ein Kloster, nach dem die heutige Stadt Münster ihren Namen hat, wo Ludger auch, als er am 30. März 804 zum Bischof geweiht war, seine Residenz nahm.
Mehrere Jahre lang wandte Ludger, mit weiser Umsicht prüfend, seine Gedanken bald diesem, bald jenem Orte zu. Zuletzt entschied er sich für eine Gegend um unteren Ruhrfluß, dem heutigen Werden. Es mag 795 gewesen sein, als Ludger zum ersten Male in diese Gegend kam. Dichter Laubwald bedeckte damals noch die ganze Gegend. Die Bewohner dieser Gegend waren, wie wir wissen, schon lange Christen. Kein Wunder, daß Ludgers Plan, hier ein Kloster und ein Gotteshaus zu erbauen, in ihrem Herzen Anklang fand und herrlichen Opfergeist lebendig werden ließ.
Zu seinem großen Privatvermögen, der Grundlage seiner Stiftung, kamen bald reichliche Schenkungen. Wie aus den Urkunden jener Zeit noch zu ersehen ist, mehrten sich derartige Stiftungen an Grund und Boden in solchem Umfang, daß Ludger bis zum Jahre 801 außer dem Besitz in Heisingen einen zusammenhängenden und von Werethinen (Werden) nach Südwesten ungefähr auf einen Kilometer weit sich ausdehnenden Grundbesitz gewann und nunmehr mit dem Bau von Kloster und Kirche beginnen konnte.
Schon beim Tode Ludgers stand seine Stiftung in hoher Blüte.  Am 26. März 809 starb Ludger zu Billerbeck, und auf den dringenden Wunsch des Volkes wurde sein Leichnam zuerst nach dem Bischofssitz Münster gebracht und kurz darauf entsprechend seinem Wunsche nach Werden überführt.
Die Clemenskirche in Werden am Born bildete auch für die Velberter Gläubigen die Pfarrkirche, in der sie ihren religiösen Pflichten nachkamen. Ihre Grundmauern sind noch heute am Bornerberg, am Werdener Ausgang, links an der Straße zum Pastoratsberg zu sehen.
Zum ersten Male begegnet uns in der geschichtlichen Aufzeichnung »Feldbrahti«, der Name Velbert. Auch noch in anderen Urkunden der Zeit begegnet uns Velbert als »Feldbracti«, »Velbracht« (1050), »Velbrechtia« (1518). Der Name »Feldbrahti« soll »prächtiges, hellglänzendes, neugerodetes Feld« bedeuten. Gewiß eine recht sinnvolle, treffende Bezeichnung, wenn man sich vorstellt, wie einstmals dieses neugerodete Land auf der Höhe von Velbert, besonders an hellen Sonnentagen, aus der in dunklen Wald gehüllten Umgebung mit ihren Tälern und Höhen ringsum in die Lande geleuchtet, geglänzt, gestrahlt haben mag.
Dem Pfarrbezirk der Clemenskirche wurde, wie wir schon erwähnten, auch die Kapelle zu Velbert zugewiesen. Wann die Kapelle erbaut wurde, vermögen wir nicht zu sagen. Jedenfalls kann sie bei der Zuweisung noch nicht »Kapelle der hl. Ida« geheißen haben, da die kirchliche Heiligsprechung Idas erst im Jahre 980 erfolgte. Sie stand an der gleichen Stelle, wo sich heute die alte evangelische Kirche befindet.

Die hl. Ida
Ida von Herzfeld stammte wie Ludger aus adeligem Geschlecht und soll dessen Patin gewesen sein. Als ihr Gemahl gestorben war, führte die edle, fromme Frau in einer Halle über dem Grabe ihres Gemahls ein ganz der Frömmigkeit, Buße und Nächstenliebe geweihtes Leben. Sie schlief, so wird berichtet, auf hartem Lager, trug schlichte Kleidung und verschenkte all ihre Einkünfte an die Armen der Gegend. Ida starb am 4. September 813. Ihr Vermögen, sowie Ort und Kirche von Herzfeld kamen an das Werdener Stift. Möglicherweise wurden die Ereignisse des Jahres 980 auch ein Anlaß zur Benennung der Velberter Kapelle als »Kapelle der hl. Ida«. Im Chorfenster unserer alten Kirche befindet sich ein Medaillon der hl. Ida.

Die Kapelle der hl. Ida in Velbert
Der Gottesdienst in der Kapelle der hl. Ida wurde von den Pastoren der Werdener Kirche am Born versehen. Jedoch, so wird berichtet, hätten alle pfarramtlichen Handlungen, auch Beerdigungen, abgesehen von zeitweisen Taufen, in der Hauptkirche zu Werden vollzogen werden müssen. Die Pfarrkirche in Werden war und blieb die eigentliche Mutterkirche. Übrigens ist im Velberter Stadtarchiv noch eine Skizze der »Kapelle der hl. Ida« vorhanden.
Die Velberter mußten dem Pastor der Werdener Kirche am Born auch den »Messe- Hafer« entrichten. Eine derartige Haferspende deutet darauf hin, daß die Werdener Pfarrer sich bei ihrem Velberter Filialdienst eines Reitpferdes zu bedienen pflegten, was bei der etwa eineinhalbstündigen Entfernung und den damaligen schlechten Wegen geradezu notwendig war. Es ist verständlich, daß zwischen Werden und den Pfarrangehörigen von Velbert nicht das rechte Verhältnis bestand. Aus Zeugenaussagen ergibt sich zur Genüge, welch große Schwierigkeiten und Opfer die Velberter auf sich nehmen mußten, wenn sie zu jeder Jahreszeit, bei jeder Witterung, auf beschwerlichen Wegen an den Sonn- und Festtagen hinab nach Werden zur Hauptkirche mußten. Es ist verständlich, daß sich die Velberter fortgesetzt sowohl an die weltliche, als auch an die kirchliche Behörde wandten, um ihre eigene Kapelle voll in Anspruch nehmen zu können.
Der erbitterte Kampf dauerte viele Jahrzehnte, bis endlich, urkundlich am 17. Mai 1518, das Pastoratsrecht Velbert übertragen wurde. Diese Urkunde ist wohl die älteste, die sich im Original heute im städtischen Archiv befindet.

Die Reformation und ihre Auswirkung in unserer Gegend
Im Jahre 1560 ging die Kirche mit der Kapelle in den Besitz der evangelischen Gemeinde über. Der Anschluß an die neue Lehre war jedoch kein allgemeiner. Vielmehr soll die Kapelle noch längere Zeit von den Lutheranern und denen, die katholisch blieben, gemeinsam benutzt worden sein. Erst im Jahre 1599 setzten sich die Lutheraner gewaltsam in den Besitz der Kapelle der hl. Ida. Es kam zum erbitterten Kampf zwischen Lutheranern und Reformierten um den Besitz der Kirche, der erst nach 100 Jahren, am 23. September 1699, beigelegt wurde. Die Kontrahenten pflanzten als Dank für die friedliche Lösung unmittelbar vor dem Haupteingang der Kapelle zwei Eichen.
Mit dem Verlust des Gotteshauses hörte ganz von selbst auch der katholische Gottesdienst auf. Wie früher, so waren die treu gebliebenen Katholiken wieder für ihr religiöses Leben auf das entfernte Werden angewiesen, wenn ihnen auch die Residenzpflicht eines Geistlichen der Abtei in Hetterscheidt und die Gründung des Franziskaner-Klosters in Hardenberg-Neviges im Jahre 1685 gewiß Erleichterung gebracht hat.
In der Abtsküche in Hetterscheidt hatten die Äbte von Werden ihre Sommerresidenz.
Das Jahr 1765 besiegelte das Schicksal unserer altehrwürdigen Ida-Kapelle. Mehr als 750 Jahre hatte sie auf Velberts rauher Höhe Stürmen und Wettern getrotzt. Nun war sie mit einem Schlag baufällig geworden. Und so beschlossen die Lutheraner und Reformierten gemeinsam am 20. August des Jahres 1765, sie bis auf die Grundmauern niederzulegen, auf diesen aber die heute noch stehende sogenannte »Alte evangelische Kirche« zu erbauen. Die Gesamtbevölkerungszahl betrug in Velbert im Jahre 1793 insgesamt 1034 Personen. Bis zum Jahre 1797 gab es in Velbert und Heiligenhaus - Heiligenhaus gehörte zu Velbert und wurde erst 1897 von Velbert getrennt - keinen katholischen Gottesdienst mehr.

Der Neubeginn
Im Jahre 1797 wurde nach 200jähriger Unterbrechung zum ersten Male wieder von einem Franziskanerpater ein heiliges Meßopfer gefeiert, und zwar anläßlich der Einquartierung jülich-bergischer Kavallerie. Dieser kam an Sonn- und Feiertagen von Neviges herauf, um für die katholischen Soldaten Gottesdienst zu halten, an dem sich dann auch die hiesigen, wenigen Katholiken, die sonst in die Hetterscheidter Kapelle gingen, beteiligten. Als Kapelle diente ein Gartenhäuschen. Dieses Gartenhäuschen stand an dem heute noch unbebauten Grundstück Ecke Post- und Friedrich-Ebert-Straße, unmittelbar gegenüber der Post.
Leider hörte der Gottesdienst mit dem Abrücken der Truppen nach zwei Jahren wieder auf. In den Jahren 1808 bis 1810 kamen an Sonn- und Feiertagen zwei Geistliche aus Essen nach Velbert, um gleichfalls in dem genannten Gartenhäuschen Gottesdienst abzuhalten.
Im Jahre 1811 stellte ein evangelischer Mitbürger in seinem leerstehenden Hause an der Friedrichstraße, wo heute die »Engel-Apotheke« steht, der katholischen Gemeinde zwei Zimmer für den Gottesdienst zur Verfügung. Da dieses Haus aber Anfang des Jahres 1816 abgerissen wurde, sah die Gemeinde sich nach einem anderen Raum um.
Da war es wiederum ein edel denkender evangelischer Bürger, der sich erbot, der katholischen Gemeinde einen Bauplatz zur Errichtung einer Kapelle so lange leihweise zu überlassen, wie Gottesdienst darin abgehalten wurde. Der Platz lag der Engel-Apotheke gegenüber, neben dem Haus Friedrichstraße 132. Auch die evangelischen Mitbürger steuerten hilfsbereit Geldspenden zur Bausumme bei. Hier zeigte sich dankenswerterweise eine ökumenische Gesinnung, die schon damals ganz spontan entstand. Schon Ende November 1816 konnte der Gottesdienst in der neu erbauten Kapelle durch einen Pater aus Neviges eröffnet  werden. So besaßen Velberts Katholiken wieder ein eigenes Gotteshaus.
Im Jahre 1828 erhielt Velbert einen eigenen Friedhof an der unteren Friedrichstraße, am Rosental. Heute ist dort eine Parkanlage und das große Friedhofskreuz ist noch vorhanden. 1898 wurde der Friedhof geschlossen und der neue Friedhof an der Talstraße angelegt.
Die Kapelle erwies sich sehr bald als zu klein, so daß sie erweitert werden mußte. Im Stillen bemühte man sich weiter um die Einrichtung einer eigenen Pfarre mit Pfarrkirche. In Velbert gab es damals schon 300 Kirchenbesucher, in Hetterscheidt 120. Aber es fehlte noch immer ein eigener Geistlicher und damit auch ein regelmäßiger Gottesdienst. Im Jahre 1838 war es dann endlich soweit, daß für Velbert und Hetterscheidt ein Geistlicher angestellt wurde. Nun bemühte man sich ernsthaft um den Neubau einer Kirche. Das Gesuch wurde von der Erzbischöflichen Behörde Köln wie folgt entschieden: »Eine Pfarreinrichtung wäre nur dadurch zu erwirken, daß für die drei Gemeinden: Hetterscheidt, Velbert und Heiligenhaus eine gemeinsame Pfarre errichtet werde und die Kirche möglichst im Mittelpunkt der drei Gemeinden liege.« Die Velberter blieben hart und trotzig.
Nach langen Verhandlungen untereinander machten die drei beteiligten Gemeinden der Regierung des gemeinsamen Vorschlag, die neue Kirche nicht, wie ursprünglich geplant, im Mittelpunkt der drei Gemeinden zu erbauen, sondern entweder in Hetterscheidt oder Velbert selbst, wo, solle der Regierung überlassen bleiben. Die Regierung entschied sich für den Bauort: Velbert. Hetterscheidt wurde bis zum Anfang des ersten Weltkrieges noch von St. Marien betreut.

St. Marien
Durch Verfügung vom 14. März 1845 erhob der Erzbischof von Köln im Einverständnis mit der königlichen Regierung die drei Einzelgemeinden Velbert, Krehwinkel und Hetterscheidt zu einem eigenen, selbständigen Pfarrverband. Heiligenhaus blieb, entgegen den früheren Plänen, unberücksichtigt. Mit dem selben Schreiben wurde Christian Fischer zum ersten Pfarrer bzw. Pfarrverwalter in Velbert ernannt.
Auf Antrag des Kirchenvorstandes der neugebildeten Kirchengemeinde genehmigte die Erzbischöfliche Behörde unter dem 8. Oktober 1845, daß Maria, die allerseligste Jungfrau, als Pfarrpatronin verehrt werde und bestimmte als Titularfest das Fest: »Mariä Himmelfahrt«.
1845 bis Mai 1858: Christian Fischer Pfarrer in Velbert. Im Bau einer Kirche und eines Pfarrhauses sah er seine Hauptaufgabe in Velbert. Bald nach seinem Amtsantritt beantragte er bei der Königlichen Regierung die Bewilligung einer Haussamlung im Rheinland und Westfalen. Erst nach vollen zwei Jahren wurde die Genehmigung erteilt. Außerdem bewirkte er auch die Bewilligung einer Kirchenkollekte für alle Diözesen Preußens.
Aufgrund dieser beiden Sammlungen, sowie einer Unterstützung des Bonifatiusvereins, einer Listensammlung in Velbert und Umgebung und der Verzinsung der eingekommenen Summen verfügte die Kirchengemeinde über ein Baukapital von etwa 19 000 Reichstalern.
So konnte unbedenklich mit dem Bau der Kirche und des Pfarrhauses, das direkt neben der Kirche am Haupteingang entstand, begonnen werden. Freilich waren seit dem ersten Antrag auf eine Kollekte neun Jahre vergangen.
Der Kirchenvorstand beauftragte den Dombaumeister Vinzenz Statz aus Köln, Plan und Kostenvoranschlag für beide Bauten auszuarbeiten. Kirchliche und weltliche Behörden genehmigten die Pläne. Am 5. Juni 1855 erfolgte die Grundsteinlegung von Kirche und Pfarrhaus. Zügig ging die Arbeit voran. Ende des Jahres stand das Pfarrhaus bereits unter Dach und die Kirche war schon bis zu den Seitenschiffen hochgeführt. Im folgenden Jahre traten leider Verzögerungen ein. Der Frost hatte die schweren Pfeiler, die während des ganzen Winters ungeschützt auf der Baustelle gelegen hatten, beschädigt. Es entstand ein langer Rechtsstreit. Eine glückliche Lösung wurde erst gefunden, als die Familie Sonnenschein - (Vorfahren der Familie Berninghaus aus dem Wasserfall) neue Pfeiler aus den Steinbrüchen der Porta Westfalica der Kirche zum Geschenk machte. Außerdem hat sie sämtliche Glocken gestiftet und den gesamten Bauplatz, der nicht unbeträchtlich ist, geschenkt.
Trotzdem mußten zur vorhandenen Bausumme noch weitere 4 000 Reichstaler aufgebracht werden. Eine Eingabe an den König hatte keinen Erfolg, da man erklärte, der Bau der Kirche sei für die kleine und arme Gemeinde viel zu groß und zu kostspielig geplant.
Man einigte sich, den Turm der Kirche wenigstens bis zur Höhe des Mittelschiffes hochzuführen. Nachträglich bewilligte der König dann doch noch ein Gnadengeschenk von 1500 Reichstalern. So konnte die Kirche bis Ende des Jahres 1857 so weit fertiggestellt werden, daß am 16. Februar 1858 die feierliche Benediktion des Gotteshauses vorgenommen werden konnte. Der Turm aber wurde erst im Jahre 1860 vollendet. Die feierliche Konsekration der Kirche erfolgte am 11. August 1863 durch Weihbischof Baudri.
125 Jahre steht nunmehr der schöne Bau aus massivem Sandstein, von außen und innen ein harmonisches Ganzes, überragt von dem Turm mit seiner schön gegliederten Galerie: »Alles in Allem ein schmuckes Kirchlein«.

Die Schwestern-Niederlassung
Im Jahre 1910 ließen sich auf Bitten und Drängen des Kirchenvorstandes die Schwestern der Elisabetherinnen aus dem Mutterhause Schuir bei Werden in St. Marien nieder. Ihnen wurden zunächst bescheidene Räume in der Kaiserstraße 13 für den Kindergarten und für die Nähunterrichtsräume gegeben. Ihren Konvent unterhielten sie im Nachbarhaus. Die Schwestern-Niederlassung war im Durchschnitt von sieben Schwestern besetzt. Einige davon waren über 20 Jahre in Velbert tätig. Mit all ihren Aufgaben, insbesondere in der Krankenpflege, haben sie in den vielen Jahrzehnten sehr viel Segensreiches geleistet. Bei jedem Gottesdienst waren sie zugegen und strahlten immer Bescheidenheit und Anmut aus.
Als 1913 auf der Mittelstraße das neue Pfarrhaus mit der Kaplanei erbaut wurde, entstand fast gleichzeitig im Pfarrgelände das Caritashaus.
Nun zogen die Schwestern in das alte Pfarrhaus, das nunmehr Schwesternhaus genannt wurde. Außerdem übernahmen sie das Caritashaus, in dessen unteren Räumen sich der Kindergarten befand. In der oberen Etage war ein kleiner Saal für die Vereine und ein Unterrichtsraum, in dem die Schwestern Nähunterricht erteilten. Später wurde das Caritashaus noch um einen Probesaal für den Kirchenchor erweitert.
In dieser Umgebung konnten sich die Schwestern so richtig entfalten. Sie betreuten auch viele Jahrzehnte die Kindergärten der Nachbargemeinden St. Josef und St. Paulus.
Viel Hilfe und Schutz ist von den Schwestern, die immer und überall in großer Hochachtung standen, ausgegangen. Noch heute gilt ihnen allen unser Dank! Es dürfte wohl im Sinne aller Schwestern sein, die je in Velbert gearbeitet haben, wenn wir stellvertretend einen Namen besonders herausstellen: Schwester Consolata. Sie hatte die Krankenpflege übernommen und war 26 Jahre in Velbert tätig. Von früh bis spät war sie immer unterwegs. Ungezählten Velbertern hat sie geholfen, besonders den Alten und hilfsbedürftigen Kranken. Sie hat Ihnen Trost und Gottvertrauen gegeben. Alle Wege in der Stadt machte sie zu Fuß, dann bekam sie ein Fahrrad, danach ein Moped und zu guter Letzt einen Volkswagen geschenkt. Im Straßenbild war sie eine bekannte Persönlichkeit.

Das Gemeindeleben
Durch die industrielle Entwicklung unseres Heimatortes hatte Velbert 1860 bereits 7102 Einwohner.
Im Jahre 1910 zählte Velbert 23134 Einwohner.
Deshalb sah sich St. Marien genötigt, im Jahre 1906 in der Oberstadt die Kirche »St. Josef« zu erbauen. Sie galt zunächst als Rektorratskirche, wurde aber bereits 1911 zur eigenen Pfarre erhoben. Aus der Pfarre St. Josef entstand nach dem zweiten Weltkrieg die moderne Kirche »St. Paulus am Berg« und »Don Bosco« in Birth.
Infolge des Neubaues der St. Marienkirche entwickelte sich ein reges Leben. Die Gemeinde wurde immer größer.
Kirche und Volksschule bildeten eine Einheit. So gehörte die achtklassige Volksschule an der Nordstraße zu St. Marien und die zweite kath. Schule an der Bergischen Straße wurde 1912 eingeweiht. Die Lehrer und Lehrerinnen waren in einem katholischen Lehrerverband zusammengeschlossen und erhielten auch in kath. Seminarien ihre Ausbildung.
Im Jahre 1920 trat Johannes Müller seinen Dienst als Organist und Chorleiter an. Dieser Dienst war zuvor von Volksschullehrern ausgeübt worden. Johannes Müller hat 40 Jahre bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1960 seine Dienste vorbildlich verrichtet. Er hat mit dem Kirchenchor großes Leben in St. Marien entfaltet und wurde für seine Verdienste vom Kardinal zum “Kirchen-Musik-Direktor” ernannt. Johannes Müller gehörte zu St. Marien.
Sein Nachfolger als Organist und Chorleiter wurde 1960 Hans Reuter. Er hat die Nachfolge gut gemeistert, der Kirchenchor war unter seiner Leitung in besten Händen, wie die anerkannten Konzerte bewiesen haben. Er stand überall in hohem Ansehen. Leider wurde er durch Krankheit gezwungen, sich 1982 pensionieren zu lassen, was allseitig sehr bedauert wurde.
Vor und nach dem ersten Weltkrieg erlebte die Gemeinde durch die Tätigkeit der religiösen Vereine eine Blütezeit von nie dagewesenen Ausmaßen.
Der Gesellenverein - heute Kolpingsfamilie - feierte 1914, kurz vor Ausbruch des ersten Weltkrieges, sein 50jähriges und 1924 sein 60jähriges Stiftungsfest mit Handwerker-Festzügen, an dem fast ganz Velbert teilnahm. Eine solche Begeisterung hatte Velbert noch nie erlebt. Die Zeitungen berichteten mit ganzen Seiten darüber. Das Kolpingslied stand ganz oben am Anfang des Berichtes.
Ebenso groß war die Beteiligung aller Katholiken von ganz Velbert nach dem ersten Weltkrieg an den Fronleichnams-Prozessionen. Sie nahmen später ihren Ausgang von St. Marien über die Oststraße nach St. Josef. Dort wurde auf der Berliner Straße der Segen erteilt und der Rückweg erfolgte über die Friedrich-Ebert- Straße nach St. Marien, wo vor der Kirche der Schlußsegen erteilt wurde. Es war immer ein imponierendes Ereignis. Eine so große Beteiligung wäre heute undenkbar.
Für die heutige Zeit unvorstellbar war auch die große Beteiligung an den Gottesdiensten an Sonn- und Feiertagen. An den Vormittagen wurden fünf hl. Messen gelesen. Bis auf die Frühmesse, die um 6.00 Uhr begann, waren sämtliche Messen von Besuchern überfüllt.

Der Erweiterungsbau St. Marien 1938
Deshalb lag es nahe, den Erweiterungsbau der Kirche in Angriff zu nehmen. Das linke Seitenschiff der alten Kirche wurde entfernt und der neue Anbau nördlich angefügt. Die Finanzierung mußte mit eigenen Mitteln und durch Spenden aufgebracht werden. Jede Pfarrei hatte ihre eigene Finanzverwaltung. - Der Einzug der Kirchensteuer durch den Staat erfolgte erst nach dem zweiten Weltkrieg. Es war ein Schachzug von Adenauer und Kardinal Frings, weil viele Gemeinden durch ihre Zerstörungen nur an sich dachten und der Erzdiözese ihre Verpflichtungen verweigerten. - Die Bereitschaft zu spenden war sehr groß. Als der Erweiterungsbau fertig war, waren sämtliche Rechnungen beglichen. Allerdings erfolgte der innere Ausbau erst nach der Währungsreform 1948. Die Verantwortung für den Umbau lag in den Händen des Architekten Hans Fischer, Köln.
Es hat harte Diskussionen gegeben, ob der Chorraum in runder oder der Kosten wegen in gerader, rechteckiger Form ausgeführt werden sollte. Erfreulicherweise entschied man sich für die jetzige runde Ausführung.
Die Kreuzigungsgruppe, die von dem Bildhauer Tophinke, Brühl, geschaffen wurde, beherrscht dominierend den gesamten sakralen Raum. Ebenso wurde von ihm die Himmelfahrts-Madonna geschaffen, die zum 125jährigen Festtage, wie ursprünglich vorgesehen, neu erstrahlen soll.
Die Kreuzigungsgruppe wurde von Fräulein Anna Gerke gestiftet, sie spendete auch den ersten und größten Betrag zu dem Erweiterungsbau unserer Kirche.
Ein Freund des Architekten Fischer, Hans Zepter, Köln, hat aus Idealismus für DM 1000,- die gesamte Holzdecke mit religiösen Motiven ausgemalt.
Die Fenster wurden von Prof. Wendling, Aachen, entworfen und in der Glasmalerei Derix, Kevelaer, hergestellt. Die Bilder geben in ihrer Gesamtheit die Geschichte unserer Kirche wieder: Auf der rechten Seite vom Taufstein befindet sich in der Mitte das Ehrenfenster unserer »Gottesmutter« in ihrer majestätischen Haltung. Ihr gegenüber auf der linken Seite haben wir das »Auferstehungsfenster« zu Ehren der Gefallenen des ersten und zweiten Weltkrieges.
Neben der Gottesmutter ist der »hl. Christopherus«, als Vertreter der Männer und der »hl. Georg«, als Vertreter der männlichen Jugend dargestellt.
Neben dem Auferstehungsfenster sehen wir die »hl. Monika« - Mutter des hl. Augustinus - als Vertreterin der Frauen und auf der anderen Seite die »hl. Agnes«, als Vertreterin der weiblichen Jugend.
Den »hl. Ludger« und die »hl. Ida« sehen wir in den Fenstern am Chorraum.
Wie bereits erwähnt, stehen die Bilder aller Fenster in direkter Beziehung zur Gemeinde.
Es dürfte interessant sein zu erfahren, welchen Schicksalsweg unsere Glocken in den schweren Kriegsjahren erlebt haben.
Wie bereits erwähnt, wurden die Kupfer-Glocken von der Familie Sonnenschein- Berninghaus im Jahre 1861 gestiftet. Es handelt sich um zwei große und eine kleine Glocke, die auf die Töne: g, a, h, abgestimmt sind.
Im ersten Weltkrieg 1917 wurden sämtliche Kupfer-Glocken für Kriegsmaterial beschlagnahmt. Unsere beiden großen Glocken wurden zu diesem Zwecke abmontiert.
Am 15. Dezember 1918, als der Krieg zu Ende war, standen - gottlob unsere beiden Glocken noch in Velbert auf dem Platz am Gaswerk - nahe des alten Bahnhofs - auf der jetzigen Mettmanner Straße. Selten haben wir in St. Marien aus Dankbarkeit so fröhlich Weihnachten gefeiert.
Im zweiten Weltkrieg erlebten wir 1942 das gleiche Schicksal. Wiederum wurden die zwei großen Glocken beschlagnahmt und abmontiert. Aber der liebe Gott war uns gnädig. Im Jahre 1947 erreichte uns die frohe Nachricht, daß sich unsere Glocken in Hamburg befinden würden. Kurze Zeit später konnten wir sie im Düsseldorfer Hafen wieder in Empfang nehmen.
Am 1. Mai 1954 stiftete die Firma Berninghaus aus Anlaß ihres 175jährigen Betriebsjubiläums die vierte und größte Glocke auf den Ton e, so daß unsere Glocken jetzt harmonisch abgestimmt sind. Heute noch gilt den Stiftern unser aller Dank!
Möge Gott, der Herr, uns unsere Glocken noch sehr lange erhalten zur Freude der Gemeinde und zum Frieden in unserem Lande.

Filialkirche St. Nikolaus
In Ehrerbietung und respektvoller Hochachtung fühlen wir uns verpflichtet, des Mannes zu gedenken, dem wir nicht nur die Kirche St. Nikolaus verdanken, sondern auch die gesamte Siedlungs-Entwicklung im Langenhorst: unserem unvergessenen Studienrat Dr. Nikolaus Ehlen, der als Siedlungsvater weit über Velbert hinaus sehr bekannt geworden ist. Die Stadt Velbert verlieh ihm das Ehrenbürgerrecht.
Vor und nach dem zweiten Weltkrieg hat Ehlen die Siedlung aufgebaut. Die Stadt hatte 180 Morgen Land zur Verfügung gestellt, das größtenteils wertlos war und unter harten Anstrengungen gerodet werden mußte. Für die Infrastruktur fehlte jede Voraussetzung. Aber die Siedler waren zu jedem Opfer bereit.
Im Jahre 1952 waren bereits 90 und 1954 weitere 40 Häuser in der Siedlung fertiggestellt. Inzwischen verfügt die Siedlung über 340 einzelne Häuser. Im Jahre 1953 wurde dann der Kirchenvorstand von Ehlen scharf attackiert, denn nun sei es an der Zeit, daß in der Siedlung eine Kirche gebaut werden müsse. Er habe von Anfang an den schönsten Platz auf dem höchsten Punkt für die Kirche reserviert.
Das Generalvikariat war aber hierzu nicht bereit. Der Kölner Dom sei durch den Krieg zu stark in Mitleidenschaft gezogen worden, viele Kirchen und Pfarrhäuser seien noch zerstört, daher stehe kein Geld zur Verfügung. Aber Ehlen blieb hart und verfolgte sein Ziel sehr ernsthaft. Er wandte sich mit einem ausführlichen Bericht über den Kirchenvorstand direkt an den Kardinal und hatte Erfolg. St. Nikolaus konnte gebaut werden.
In Herrn Stephan, Mehlem, bekamen wir einen hervorragenden Architekten, der es verstanden hat, mit dem Bau der Kirche der Siedlung einen künstlerischen Abschluß zu geben.
Im Jahre 1955 wurde St. Nikolaus durch Weihbischof Ferche eingeweiht. Es war ein Freudentag nicht nur für die Siedlung Langenhorst, sondern auch für die gesamte Pfarrgemeinde St. Marien. Nun steht das schmucke Kirchlein als ein Wahrzeichen und ist sogar von der Werdener Straße aus gut sichtbar.
Von 1918 - 1955 war Peter Urfey, dem wir so viel verdanken, also 38 Jahre, Pfarrer von St. Marien. Von Gestalt war er klein, aber vom Charakter her ein Mensch mit großem Herzen. Er hat die Blütezeit von St. Marien verantwortungsvoll und pflichtbewußt mit großer priesterlicher Ausstrahlung gestaltet. Er kannte ganze Generationen, jede Familie und nahm Anteil am Erfolg und Geschick eines jeden Einzelnen. Wir konnten mit ihm das goldene Priesterjubiläum feiern und erlebten in seiner Zeit sechs Primizfeiern. Als er Ende 1955 in den Ruhestand trat, gestattete ihm das Generalvikariat, daß er ausnahmsweise seinen Lebensabend in St. Marien verbringen durfte. Er starb 1959 und wurde auf unserem Friedhof in der ersten priesterlichen Gruft von St. Marien beigesetzt. Vor der Pensionierung wurde ihm der Ehrentitel »Erzbischöflicher Geistlicher Rat a.h.« verliehen.

Das Pfarrheim
1956 wurde Pastor Paul Bormacher Nachfolger von Peter Urfey. Er war eine vornehme Erscheinung und ein Priester nach dem Herzen Gottes. Sein Hauptanliegen war die Gestaltung des Gottesdienstes. Er hat es verstanden, die Einführung der neuen Liturgie nach dem 11. Vatikanischen Konzil ohne Widerspruch in ausgleichender Weise durchzuführen. Unter seiner Verantwortung wurde die Sakristei unserer Kirche neu gestaltet.
1963 wurde das Pfarrheim mit all seinen großzügigen Räumen gebaut. Hier kann sich eine Gemeinde, angefangen von den Jugend-Räumen bis zum großen Saal, voll entfalten. Von Frau Gertrud Guth - leider ist ihr Gatte 1980 verstorben - wird das Pfarrheim seit 1971 gewissenhaft geleitet und liebevoll betreut.
Im Jahre 1965 entstand der Kindergarten im Langenhorst - St. Nikolaus. Er befindet sich bei Frau Ursula Ebelt in guten Händen.
1972 wurde Pfarrer Bormacher wegen Krankheit gezwungen, sein Amt aufzugeben. Er erhält wie sein Vorgänger den Ehrentitel: Erzbischöflicher Geistlicher Rat a.h.. Als Subsidiar ging er nach St. Augustin, später nach St. Kunibert, Köln, unter seinen früheren Kaplan und jetzigen Prälaten Franz Schneider. 1981 stirbt er und wird nach dem Wunsche seiner Freunde auf unserem Friedhof in der Priestergruft beigesetzt. Das hat einen besonderen Grund, denn die Vorsehung gestaltet unseren Lebensweg oft eigenartig. Sein Vater war Organist in Leverkusen. Als seine Eltern heiraten wollten, hatten sie nur eine Verwandte in Velbert. Deshalb ließen sie sich in St. Marien trauen und sind auch in Velbert begraben worden. So sollte auch Pfarrer Bormacher auf unserem Friedhof beerdigt werden.
Es würde zu weit führen, alle Tätigkeiten der einzelnen Geistlichen zu beschreiben. Am Schluß dieser Festschrift sind alle Herren namentlich aufgeführt.
Einen Namen möchte ich dennoch besonders herausstellen, und zwar den unseres unvergessenen Gymnasialpfarrers Josef Wessiepe.
1948 kam er als Kaplan und Religionslehrer nach St. Marien und wurde 1956 Subsidiar und Gymnasialpfarrer. Er war 33 Jahre in St. Marien tätig und immer mit der Jugend verbunden. Die Jugend war ihm immer zugetan, weil er in Ruhe und Ausgeglichenheit stets Verständnis für sie hatte. Er hatte immer Zeit für sie. Er war verantwortlich in den Wohlfahrtsverbänden tätig und hielt guten Kontakt zum Jugendamt, bedingt durch seine Tätigkeit als Geistlicher Beirat im Sozialdienst katholischer Frauen und Männer. Er hat sich auch ohne Klagen mit den schwierigen Erziehungsproblemen in gestörten Familien und mit der Betreuung Straffälliger befaßt. Über 20 Jahre war er Geistlicher Beirat im katholischen kaufmännischen Verein »Unitas«, dem er in Verantwortung und besonderer Liebe vorstand. Leider ist er 1981 zu früh verstorben und liegt nun als dritter Priester in der Priestergruft von St. Marien.

Der neue Kindergarten
Von 1972 - 1980 war Klaus Brüssermann Pfarrer von St. Marien. Sein Antritt war mit großen Hindernissen, die mit viel Opfermut ertragen werden mußten, verknüpft. Das Pfarrhaus wurde durch ein Arbeitszimmer, ein neues Pfarrbüro und eine Rendantur erweitert. Unser neuer Pastor lebte und schlief lange Wochen in einem Rohbau.
Die Arbeiten waren gerade abgeschlossen, da traf St. Marien ein schwerer Schlag. Der Schwesternkonvent war inzwischen mangels Nachwuchs auf drei Schwestern reduziert worden, eine Küchenschwester, Schwester Consolata - die wir bereits ausführlich erwähnten - und die ehrwürdige Schwester Oberin »Ruth«, die den Kindergarten betreute. Schwester Ruth verfügte über eine künstlerische Begabung und hatte großes fachmännisches Wissen. Ihre Einflußnahme war leidenschaftlich auf den dringenden Neubau eines Kindergartens ausgerichtet, weil der alte Kindergarten im Caritashaus den täglichen Anforderungen nicht mehr entsprach. Leider hat sie die Realisierung ihres Wunsches nicht mehr erleben können, denn die Schwesternniederlassung wurde nach über 60 Jahren mit einem großen Dankhochamt 1972 aufgelöst.
St. Marien, die erfolgreiche Pfarrei, wurde über Nacht arm.
Es lohnt sich noch zu erwähnen, daß die bescheidene Schwester Irmgardis, die über acht Jahre im Kindergarten tätig war, im Anschluß ins Studium ging. Vor fünf Jahren wurde sie als Ehrwürdige Mutter zur Generaloberin des großen Mutterhauses in Schuir gewählt.
1977 konnte dann nach langem Planen der neue Kindergarten eingeweiht werden. Er liegt heute in guten, fachlichen Laienhänden, bei Fräulein Maria Maurer.
1980 verläßt Pfarrer Klaus Brüssermann St. Marien. Er war eine tief religiöse, priesterliche Persönlichkeit. Seinen Beruf übte er mit ganzer Hingabe aus.
Es sollten acht Monate vergehen, bevor St. Marien einen neuen Pfarrer bekam. Für den amtierenden Kaplan Thomas Selg bedeutete dies, daß er in seinen ersten Priesterjahren nicht nur die Seelsorge, sondern auch die Last der Verwaltung einer großen Pfarre zu tragen hatte. In diese Zeit fiel nicht nur die Firmung in unserer Gemeinde, sondern es galt auch ein vierfaches Jubiläum vorzubereiten und zu feiern: »40jähriges Priesterjubiläum von Gymnasialpfarrer »Josef Wessiepe«, den 25. Jahrestag der Einweihung der Filialkirche »St. Nikolaus«, den 25jährigen treuen Dienst von »Ehepaar Schleicher« als Küster in St. Nikolaus und den 25jährigen Dienst von »Hans Reuter« als Organist und Chorleiter. Herr Kaplan Selg hat alle Arbeiten während der Vakanz umsichtig gemeistert, wofür ihm der Kirchenvorstand seinen besonderen Dank aussprach. Leider wurde er im Juli vergangenen Jahres turnusgemäß versetzt.
Im Februar 1981 tritt Pfarrer W. Ludger Stockhausen in St. Marien seine Pfarrstelle an. Er übernimmt in einer schwierigen Zeit ein schweres Amt. Der Organist Reuter tritt wegen Krankheit frühzeitig in den Ruhestand, Gymnasialpfarrer Wessiepe ist, wie bereits erwähnt, gestorben. Einen Ersatz gibt es nicht.
Zur Zeit hat die Pfarre St. Marien 6260 Seelen und ist eine große Pfarre mit vielen Aufgaben.
Wir wollen unserem hochgeachteten Pfarrer Stockhausen unser ganzes Vertrauen und unsere tätige Mithilfe mit ganzem Herzen entgegenbringen. Wir wollen zu ihm stehen, wie er zu uns. Unser neuer Kaplan Alfons Demand wird in seiner jungen Begeisterung ihm treu zur Seite stehen.
Pfarrer Stockhausen wird im Pfarrbüro unterstützt von Frau Margarete Bergers, die ihren Dienst schon über 22 Jahre gewissenhaft verrichtet, und Herrn Alfred Strack, der als Küster über 10 Jahre vorbildlich seine Pflicht erfüllt.

125 Jahre St. Marlen!
Über tausend Jahre Velberter Geschichte, in kurzen Abschnitten, der Geschichte unserer engen Heimat und Pfarrgemeinde sind an unserem geistigen Auge vorübergezogen. Vor uns stehen unsere Väter und Vorfahren, Männer und Frauen in ihrem Schaffen und Kämpfen, mit all ihren Sorgen, Erfolgen und Mißerfolgen.
In der Tat voll berechtigten Stolzes dürfen wir auf unsere Vorfahren, die zu jedem Opfer bereit waren, zurückschauen. Was aber bedeutet das für uns, ihre Nachfahren?
Heilige Verpflichtung! Ihre Einsatzbereitschaft, ihr Opfergeist, ihre Gemeinschaft, ihre Begeisterung mögen auch uns zu Gleichem, erst recht in der heutigen Zeit, mitreißen!

Gott segne St. Marien!
Velbert, im Juli 1983